Selbstbau einer Hamburger Kreek
Nachdem wir im Netz diverse Videos und Fotos zum Thema
»Rüschen« mit einer Kreek auf Schinkels Wiese
in Hamburg Blankenese gesehen hatten, war aus unerfindlichen
Gründen der Wunsch enststanden, so einen
»Rennrodel« nachzubauen.
Wir trafen uns also alle paar Wochen abends, wenn die Kinder
(hoffentlich) fest schliefen in meiner Werkstatt, um die ein
oder andere Stunde werkeln.
Ein paar Fotos und weitere Infos rund ums
Rüschen kann man hier finden:
Die beiden »Tischler«
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Jan | Mark |
1. Tag
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Das Material bestand aus einer 4,20m langen
sägerauhen Eschenholz-Bohle, die wir beim Holzhändler in
1,40m-Abschnitte getrennt hatten. Auf jede einzelne
dieser Bohlen zeichneten wir mit einer Schablone aus
8mm-Sperrholz zwei Kufen auf.
Eigentlich hatten wir vor, Bohlen in der Dicke 26mm zu
kaufen, aber da die nicht vorrätig waren, mussten wir auf
die wesentlich dickeren Bohlen der Stärke 35mm
zurückgreifen; diese Bohlen waren letztlich sogar 40mm
stark.
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Die Schablone enstand mit Lineal und Zirkel mehr oder
weniger Freihand. Das Entscheidende war lediglich, dass
alle Rundungen kreisförmig waren und die untere Kante
gerade.
Durch die Kreisform aller Rundungen erhofften wir, dass
sich die Kufen aus 3mm-Flachstahl direkt auf den
Holzkufen aufbringen und mit Druck lückenlos anschmiegen
ließen.
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Ausgesägt wurde zunächst grob mit Handkreissäge und
Stichsäge, so dass noch knapp 3–5 mm Platz bis zum
Anriss mit der Schablone blieb.
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Die Schablone wurde mit Klemmzwingen auf den
Kufenrohling gespannt. Dann wurde einfach rundherum
mit der Oberfräse entlang der Schablonenkante
entlanggefräst. Als Fräskopf kam ein
Bündigfräser mit obenliegendem Anlaufring zum Einsatz
(sehr praktisch die Dinger für das
Schablonen-Fräsen, zumal die Schablone so bereits
Originalgröße haben kann: Man muss also nicht erst
den Radius des Kopierflansches abziehen).
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Anschließend wurde mit einem herkömmlichen
Bündigfräser noch der Rest abgefräst, da
die Kufe mit 40mm stärker war als unser
Bündigfräser lang.
Nachdem die Kufen ausgefräst waren, haben wir die Kanten
noch mit dem 45-Grad-Fräser bearbeitet, so dass beide
Fasen an den Kufen in der Mitte einen Steg der Breite 20mm
stehen ließen, auf dem wir die Edelstahl-Kufen schrauben
wollen.
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So sahen dann unsere Kufenrohlinge aus. Auf dem Bild sind
nur drei Kufen zu sehen, da die Vierte durch meinen
Elektrohobel versaut worden war. Ich hatte probiert, mit
dem Hobel die Oberfläche schön glatt zu hobeln, was
gründlich mislang.
Nun werden wir alle vier Kufen zu einem Tischler bringen,
der über einen Dickenhobel verfügt und uns alle Kufen auf
eine geringere Stärke hobelt. 25mm sollten eine gute
Stärke sein.
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2. Tag
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Zwischenzeitlich sind wir tatsächlich bei einem Tischler
gewesen, der uns unsere viel zu dicken (und eine versaute)
Kufen auf rund 25mm per Dickenhobelmaschine runterhobelte.
Mit einem Exzenter-Schleifer wäre das eine echte
Sisyphos-Arbeit geworden.
Auf dem Bild links sieht man das Decksholz, 18mm Fichte
und 20mm Lärche mit Nut und Feder. Das Holz sind Reste vom
Bodenbelag unseres Gäste- und Arbeitszimmers und dem
Sandkasten meiner Kinder.
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Bevor wir loslegen konnten, habe ich noch zwei 40cm lange
Abschnitte aus dickem Restholz (ca. 30mm) parallel auf ein
Grundbrett geschraubt. Mit dieser Konstruktion sollen die
Kufen beim Einbringen der Querstreben genau parallel und
auf einen Abstand von 40cm gehalten werden können.
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So sieht das mit Kufen aus, allerdings ohne Querstreben
und auch ohne Klemmen, um das ganze in Position zu halten.
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Nun werden die Kufen auf dem Frästisch so von beiden
Seiten angefast, dass ein knapp 20mm breiter Steg in der
Mitte übrig bleibt, auf dem später die Kufen auf
geschraubt werden.
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Der Frästisch ist übrigens eine simple Eigenkonstruktion
aus Resten von 22mm MDF-Platte, Einschlagmuttern und
meiner Oberfräse.
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Der ganze Arbeitsschritt dauert so nur ein paar Minuten
und ist sehr präzise.
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Die Kufen sind fast fertig, es fehlen nur noch die
35mm-Löcher zur Aufnahme der Querstreben.
Wir haben vor, die Querstreben aus 35mm Rundhölzern
zusätzlich zum Verleimen auch mit einem senkrechten Keil
zu versehen. Da wir uns gekeilte, rechteckige Stemmzapfen
als Verbindung handwerklich nicht zugetraut haben, hoffen
wir, dass die Keile die entsprechende zusätzliche
Festigkeit auch hier bringen, die den Rodel möglichst
verwindungssteif macht.
Wir sind uns allerdings gar nicht sicher, ob eine
eckige Zapfenverbindung die Verwindungssteifigkeit überhaupt
wesentlich erhöht. Auf entsprechenden Fotos im Netz sind
durchaus einige Kreeks zu finden, die auch
ausschließlich runde Querstreben aufweisen (sogar
augenscheinlich ohne Keile).
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Um jeweils am Ende der Querstreben aus Rundholz mit der
Tischkreissäge einen Schlitz sägen zu können, habe ich
zuvor in einen dicken Multiplex-Abschnitt entsprechende
Nuten mit der Tischkreissäge gesägt, so dass wir die
Streben gut festklemmen und am Parallelanschlag
entlangführen können, ohne dass das ganze zu wackelig
wird,
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Die Querstreben bestanden ursprünglich aus 1m-Rundstäben.
Da die Kreeks ziemlich genau 45cm breit werden, haben wir
aus jedem Rundstab zwei 46cm Abschnitte gesägt. D.h. wenn
die Streben eingesetzt und verkeilt sind, stehen sie an
jefer Kufe seitlich noch 5mm hervor.
Hier sieht man eine eingespannte Querstrebe.
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Mit dem Halter lassen sich die Rundholzabschnitte bequem,
sicher und relativ spielfrei über die Kreissäge führen.
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Der Schlitz zur Aufnahme der Keile ist enstprechend dem
Sägeblatt knapp 2,8mm breit. Wir haben uns entschlossen,
den Schlitz 20mm tief zu machen, so dass er später insgesamt
15mm in die Kufe hereinreicht.
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Jetzt werden am Bohrständer noch die 35mm-Löcher zur
Aufnahme der Querstreben durch jeweils zwei deckungsgleich
aufeinander gelegte und zusammengezwingte Kufen gebohrt.
Pro Kreek haben wir drei Querstreben vorgesehen.
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Die Keile bestehen ebenfalls aus Eschenholz. Zunächst
haben wir einen langen ca 3mm starken Streifen auf der
Tischkreissäge geschnitten. Auf diesem Streifen haben wir
grob die Keile angezeichnet, und dann von jeder Seite mit
einem Stechbeitel immer den vordersten Keil in Form
gebracht. Danach haben wir entlang dem Anriss den fertigen
Keil mit der Zugsäge abgeschnitten und mit Stechbeitel
noch auf die korrekte Breite gestemmt.
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3. Tag
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Da die Buchenrundhölzer nur theoretisch 35mm Durchmesser
haben, mussten wir die Enden teilweise noch kurz an die
Schleifscheibe halten, um sie auf 35mm runterzuschleifen.
Dann wurde die erste Kreek trocken zusammengesteckt.
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Mit dem Zollstock wurden nochmal alle Abstände überprüft, und
als alles passte, kam Leim auf die Streben.
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Die Kufen wurden mit Schraubzwingen an den Abstandhalter
gepresst und unsere vorbereiteten Keile wurden in die
Enden der Querstreben mit dem Kunstoffhammer getrieben.
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Nun wurde das Deck auf die erste Kreek gelegt. Wir haben
uns aus ästhetischen Gesichtgründen dafür entschieden,
unsere Decks mit Holzdübeln und Leim zu befestigen.
Vielleicht ist das aus tischlerischer Sicht bei einem
Rodel ein Fehler, wir werden sehen ...
Im Netz sind die meisten Decks verschraubt.
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Das Deck wurde zunächst locker auf die Kreek gelegt, alle
Dübellöcher angerissen und mit der Bohrmaschine im Ständer
die Löcher in den Decksbrettchen vorgebohrt. Dann wurde
nacheinender je ein Brettchen mit Leim bestrichen und
festgezwingt. Nun konnten die Dübellöcher mit der
Handbohrmaschine in die Kufe hinein verlängert werden und
die vorbereiteten Dübel eingeschlagen werden.
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Wir hätten die Kanten der Decksbrettchen vielleicht anfasen
sollen, so dass der Übergang zwischen den Brettchen
sauberer aussieht, aber jetzt ist es zu spät. Wollen wir
also Zwischenräume verschwinden lassen, müssen wir wohl
oder übel vor dem Beschichten spachteln.
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Jetzt fehlen nur noch die Metallkufen, die letzten beiden
Decksbrettchen mit dem »Knick«, eine schöne Rundung am
ersten Decksbrettchen als Übergang zu den Kufen, ein
ausgefräster Handgriff zum Festhalten und die
abschließende Beschichtung mit Epoxy-Harz.
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4. Tag
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Mit der japanischen Zugsäge werden die überstehenden Dübel
und die gekeilten Querverstrebungen abgesägt.
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Dann wird der gesamte Rodel mit 80er Körnung geschliffen.
Jan hat sich statt des Schleifens für's Hobeln
entschieden, was zunächst in einer »etwas« unsaubereren
Oberfläche mündete. Immerhin ist jetzt klar, wem welche
Kreek gehören wird.
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Kein Kommentar ;-)
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Die überstehenden Decksbretter werden mit dem Bündigfräser
angepasst.
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5. Tag
Zwischenzeitlich haben wir bei jeder Kreek die letzten beiden
Decksbrettchen angebracht. Hinten haben unsere Kreeks jeweils
einen Knick von knapp über 166 Grad, so dass also, um die
letzten beiden Brettchen auf Gehrung zu sägen, an der Kreissäge
ein Winkel von knapp unter 7 Grad eingestellt werden musste.
Die Brettchen wurden dann so wie der Rest angeleimt und
gleichzeitig gedübelt. Auch diese Dübel und die Kanten des Decks
wurden wieder mit der Zugsäge und dem Bündigfräser verputzt.
6. Tag
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Die Kufen sind aus Edelstahl Flachstahl 20x2mm auf eine
Länge von 123cm geflext.
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Anschließend werden die Löcher für die Edelstahl-Schrauben
gebohrt und gesenkt:
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Nun wird jede Kufe zunächst hinten an der stärksten
Biegung mit einer Schraube fixiert und von Hand auf die
Holzkufe gedrückt und dort wiederum festgeklemmt.
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Nach Augenmaß wird in jedes Loch der Kufe mit dem
2mm-Bohrer ein Loch in die Holzkufe vorgebohrt.
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Das letzte Stück braucht am meisten Kraft. Wir konnten die
Kufe bis auf knapp einen Zentimeter an die Holzkufe
drücken, mussten das restliche Stück allerdings mit einer
entsprechend langen Zwinge quasi »dranquetschen«.
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Bei der letzten Kufe brach uns eine Schraube beim
Einschrauben im Bohrloch ab, so dass wir die Spitze der
Holzkufe absägen, den Schraubenstumpf herausdrehen und die
Spitze mit Zweikomponenten-Polyester-Spachtel wieder
ankleben mussten. Das ganze wird später verputzt und
sicherheitshalber mit zwei 6mm Holzdübeln nochmal
gesichert.
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7. – 11. Tag
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Lackiert haben wir mit einem Kunstharzlack von Bauhaus, auf dessen Dose
»Bootslack« stand. An fünf aufeinanderfolgenden
Mittagspausen im Keller unserer Arbeitstätte kam je eine
neue Schicht mit dem Pinsel drauf. Zum Schluss wurde
einmal kurz mit 200er-Korn trocken angeschliffen und die
letzte Schicht Lack aufgebracht.
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12. Tag
Nachdem wir aus der Facebook-Gruppe einige Rückmeldung erhalten
haben, insbesondere bezüglich unserer »stümperhaften« Kufen,
hatten wir uns entschlossen, das empfohlene Halbdrundzeug aus
konventionellem Stahl als Kufen zu verbauen.
Ich habe in Hannover lediglich einen Händler gefunden, der sowas
noch aus einer uralten Spezialbestellung herumliegen hatte.
Obwohl er mehr vorrätig hatte, als ich gebrauchen konnte, habe
ich vorsichtshalber seine Vorräte aufgekauft.
Ich bin nun also Besitzer von knapp 12 Meter Stahl. Pro Kreek
haben wir drei Meter (eineinhalb Meter pro Kufe) verbraucht. Ich kann
also noch ein paar Kinder-Kreeks bauen.
Aus der Kreek-Gemeinschaft kam auch der Tipp, nicht gemeinen
Baustahl zu verwenden, sondern einen möglichst harten, legierten
Stahl (mit Molybdän) einzusetzen. Mangels Quelle und da
ich, ohne Ingenieur zu sein, trotzdem glaube, dass das Overkill
ist, sind wir bei dem 16mm/8mm-Standard-Stahl geblieben.
Desweiteren gab es noch den gegensätzlichen Tipp, die Kufen mit bzw. ohne
Sprung zu konstruieren (eine Kufe mit Sprung hat eine leicht
konvexe Lauffläche). Der Sprung sollte eine bessere
Lenkfähigkeit ermöglichen. Unsere Kufen hatten keinen Sprung und
wir sind dabei geblieben. Das nachträgliche Reinfräsen eines
solchen wäre uns zu umständlich gewesen. Außerdem leuchtet mir
die verbesserte Lenkfähigkeit auf einem absolut ebenen
Untergrund ein. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Effekt
allerdings auf den eher unebenen Rodelpisten (auch auf Schinkels
Wiese) vermutlich vernachlässgbar ist.
Die Kufen haben wir kalt mit Zulagen und Zwingen auf das Holz
gepresst und verschraubt.
Der Winter kann kommen!
Vielen Dank für die durchweg positive Resonanz in der
Kreekfahrer-Gemeinde zu unserem Hannoveraner Flachland-Projekt.